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Als am 24. Juni 2016 die Ergebnisse des Brexit-Referendums
bekannt werden, gleicht dies einem Beben. Vielen EU-Politikern ist klar: Die
sonst so pragmatischen Briten sind Scharlatanen aufgesessen. Doch ist die
britische Entscheidung wirklich so irrational?
Manchmal sind es Kleinigkeiten, die das ganze Elend einer zerrütteten
Beziehung offenbaren. Als sich im Sommer vergangenen Jahres die EU und
Großbritannien zu Brexit-Gesprächen zusammenfinden, erregt vor allem ein Foto
Aufsehen. Zusammengedrängt in einem engen Konferenzraum, in der Ecke eine
schlappe EU-Flagge, sitzen EU-Chefunterhändler Michel Barnier und seine
Delegation mit angespannter Miene hinter einem Stapel Papiere. Ihnen gegenüber
feixt der damalige britische Brexit-Minister David Davis mit zwei Mitarbeitern
in die Kamera. Seine Seite des Glastisches ist leer, einzig ein iPad liegt am
Rand.
Was die Briten umgehend als Beleg für die europäische Bürokratie deuten,
wird für die Kontinentaleuropäer zum Sinnbild des Brexit-Dramas: Die Briten, so
ihre Deutung, stolpern unvorbereitet in den EU-Ausstieg hinein. Das ist leider nicht ganz korrekt. Tatsache ist, dass die britische
Presse sehr oft Fotos von Politikern sogar Fußballtrainern mit Dokumenten
fotografiert machen, zum alleinigen Zweck um die Fotos zu vergrößern, um lesen
zu können, was sich auf dem Dokument oder Blatt befindet. Ihre Ergebnisse werden dann am
nächsten Tag veröffentlicht. Nebenbei, wer glaubt in ernst, dass
Sie ohne Unterlagen anwesend waren? Jedoch nicht einmal ein Foto wird von der
Presse verschwendet und daher könnte man kreativen Text verwenden, um die
gewünschte Botschaft zu vermitteln.
Wie schon beim Referendum, das Europa im Juni 2016 jäh aufschreckte, mangelt es ihnen am
angemessenen Ernst und an Vernunft. Ja
das stimmt. Die meisten dachten (ich auch), dass die meisten für den bestehenden
EU Mitgliedschaft stimmen werden. Die Argumente von die jene die für einen
Verbleib in der EU waren erbärmlich. Sie waren sich zu 100% sicher, dass sie
nicht verlieren würden und habe es auf den leichten Schultern genommen. David
Cameron hat sogar Obama dazu bewegt im Fernsehen, zu sagen das falls
Großbritannien die EU verlässt, werden das Vereinigte Königreich ganz hinten
anstellen müssten um mit den USA Handelsgespräche zu verhandeln. Dieser Satz
kam nicht gut an und zwar bei beiden Seiten.
Doch war die Brexit-Entscheidung der Briten wirklich so irrational? Das
ist die Frage, mit der sich Jochen Buchsteiner in seinem Buch "Die Flucht
der Briten aus der europäischen Utopie" auseinandersetzt. Der langjährige
Großbritannien-Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
zeichnet dabei nicht nur ein äußerst lesenswertes Psychogramm der Briten,
vielmehr vertritt er auch eine in Deutschland eher ungewöhnliche Ansicht. Denn
er zeigt durchaus Verständnis für die Haltung der Brexiteers, der
Austrittsverfechter, die im restlichen Europa gerne als Hasardeure, Populisten
oder Reaktionäre dargestellt werden. Es
fehlt eigentlich an Fachwissen über den EU, mehr Leute sollten auseinandersetzen mit der EU. Die
werden alle überrascht sein und werde bestimmt Verständnis für die Haltung der
Brexiteers haben. Was erfahren wir über die EU von unseren Medien, Regierung
oder Schule? Was dürfen wir als Bürger bestimmen? Machen Sie Ihre eigenen
Nachforschungen, Sie werden staunen und vielleicht Ihre Denkweise ändern.
Die Sehnsucht nach Kontrolle
Tatsächlich
hat der Brexit für Buchsteiner durchaus nachvollziehbare Argumente auf seiner
Seite. "Take back Control", der viel belächelte Schlachtruf der Brexiteers,
gründet sich ihm zufolge in dem Bedürfnis nach "Accountability", nach
Rechenschaftspflicht. Für die Briten hat das Parlament eine zentrale Bedeutung
und wohl keine andere Volksvertretung in der EU kommt laut Buchsteiner ihrem
Kontrollauftrag so nach. Selbst die Premierministerin muss sich einmal
wöchentlich den erbarmungslosen Fragen der Parlamentarier stellen. Außerdem
setzte spätestens nach dem Irakkrieg und dem Finanzkrieg 2008 ein extremes
Misstrauen gegen Experten ein. Wenn diese schon damals viel falsch
prognostiziert hatten, warum sollten die Vorhersagen zum Brexit stimmen? Das stimmt allerdings. Genauso wie die Prognose während
den Referendum, als Experten sagten, Das sofort die Arbeitslosigkeit in die Höhe
Schießen werden, Handel wird runterkommen. Die gleiche Experten und den
damalige Prime Minister Tony Blair sagten Es ist besser, wenn England den EURO
annehmen. Ein Referendum gab Klarheit. Es ist allgemein bekannt was mit den
Euro passiert ist, und trotzdem Heute es ist immer nicht sicher. Misstrauen
gibt es weiterhin, und wie schaut aus mit den Vorhersagen von den Experten, was
ist passiert nach dem Brexit Referendum? Lass uns eine Bilanz ziehen.
Weit entfernt von den negativen
Prognosen nach dem EU-Referendum gibt es allen Grund, optimistisch zu sein.
Die Exporte britischer Güter und
Dienstleistungen stiegen bis März 2018 auf ein Rekordhoch von 620,2 Milliarden
Pfund. Das Land ist auch nach wie vor ein starkes Ziel für Investitionen. Mit
fast 76.000 neuen Arbeitsplätzen, die durch ausländische Direktinvestitionen in
ausländische Direktinvestitionen in 2017/18 geschaffen wurden, ist dies mehr
als im Vorjahr. Die im Juni 2018 veröffentlichten Zahlen der Abteilung für
internationalen Handel zeigten 2.072 neue Projekte, die 75.968 neue
Arbeitsplätze schaffen und 15.063 sichern, was landesweit fast 1.500 neue
Arbeitsplätze pro Woche bedeutet.
Nach Recherchen von Barclays Corporate Banking waren 64% der Verbraucher in
Indien, 57% in China und 48% in den Vereinigten Arabischen Emiraten bereit, für
in Großbritannien hergestellte Waren mehr zu zahlen, weil sie die Qualität als
höher einschätzen.
Die Exporte stiegen schneller als
Kanada (+12,7%), Indien (31,8%) und China (15,3%)
Im Jahr 2017 verkaufte der Rest der
EU nach Angaben des Vereinigten Königreichs rund 67 Mrd. GBP mehr an Gütern und
Dienstleistungen, als wir an sie verkauften. Das Vereinigte Königreich hat also
ein "Handelsdefizit" mit dem Rest der EU. Der Export von Waren und
Dienstleistungen in andere EU-Länder belief sich im Jahr 2017 auf 274 Mrd. GBP,
während die Ausfuhren aus der übrigen EU in das Vereinigte Königreich einen
Wert von rund 341 Mrd. GBP hatten.
Rund 44% der britischen Exporte von
Waren und Dienstleistungen gingen 2017 in andere Länder der EU.
Fakt ist, das ist es sehr schwer, wie
Buchsteiner richtig sagt: „Wenn diese schon damals viel falsch prognostiziert
hatten, warum sollten die Vorhersagen zum Brexit stimmen? „Verständlich ist es,
dass Unternehmungen und Institutionen welche von den EU profitieren, werden für
den Verbleib sein. Aber die wissen selbst nicht wie es wirklich sein wird. Experten
in Deutschland raten nun Deutschland von den Euro raus zu steigen.
Hinzu
kommt der Zeitpunkt: Kurz vor dem Brexit-Referendum befindet sich Europa auf
dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise. Der Widerstand gegen die Migration ist
besonders in Großbritannien, das jährlich Hunderttausende Zuwanderer anzieht,
groß. Deutschland gilt vielen plötzlich als "Hippie-Staat", die
Willkommenskultur von Bundeskanzlerin Angela Merkel stößt auf blankes
Unverständnis. Ein Unbehagen, das mit Merkels Forderung nach einer europäischen
Lastenteilung noch wächst. Es
ist klar. Bisher Großbritannien größte annahmen von Flüchtlingen waren die
Protestanten von Frankreich, etwa 50.000. Protestanten (Huguenots)kamen nach
England als Louis XIV in 1685 die vom Edikt von Nantes gewährten Bürgerrechte
aufgehoben hatte. 1709 begannen deutsche Flüchtlinge, die als "Poor Palatines"
bekannt waren und vor der französischen Invasion flüchteten, mit vielleicht
13.000 ankommenden Menschen nach England zu ziehen Während des Zweiten
Weltkrieges waren Hunderttausende Polen in Großbritannien stationiert, und das
polnische Umsiedlungsgesetz von 1947 bot 200.000 polnischen Soldaten die
Staatsbürgerschaft an, die nicht in ein von den Sowjets dominiertes Polen
zurückkehren wollten.
Großbritannien hat im Laufe der
Jahrhunderte viele relativ kleine Einwanderungsereignisse erlebt. Seit fast
tausend Jahren war die Migration im Vergleich zur Bevölkerungszahl sehr gering.
In den Jahrzehnten zwischen dem Zweiten Weltkrieg und den späten 1990er Jahren
wuchs die ausländische Einwanderung mit einem relativ bescheidenen Tempo
stetig, bevor sie Ende der 1960er Jahre zurückging und zwischen 1971 und 1981
ziemlich stabil wurde. Der massive Anstieg des Migrationsniveaus seit den
späten 1990er Jahren ist in der Geschichte des Landes völlig beispiellos.
Die Migrationszahlen werden auch um
Asylsuchende angepasst. Die Nettomigration ist die Anzahl der Einwanderer minus
der Anzahl der Auswanderer.
Dabei ist die Skepsis gegen
Brüssel kein neues Phänomen in London. Winston Churchill beschwört zwar nach
dem Zweiten Weltkrieg die "Vereinigten Staaten von Europa", sein Land
will der damalige Oppositionsführer im britischen Unterhaus allerdings dann
doch lieber da raushalten. Als sich England Anfang der 1970er-Jahre schließlich
der Europäischen Gemeinschaft anschließt, folgt kurz danach bereits die
Rebellion und eine erste Volksabstimmung über die Mitgliedschaft. Das Votum ist
zwar eindeutig - 67 Prozent der Briten stimmten für die EG - und doch zeigt
sich immer wieder: Für London ist die Zugehörigkeit zu Europa mehr wie eine
Klubmitgliedschaft. Es zahlt seine Beiträge und ist bereit, sich an gewisse
Regeln zu halten. Dafür erwartetet es aber auch klare Vorteile. Die Vorstellung
eines Projekts, einer immer engeren Union, bleibt den Briten dagegen fremd.
Selbst „Remainer“ betonen stets die Reformbedürftigkeit der EU. Erstens
um es klar zustellen, England hat sich den Europäischen Wirtschaft Gemeinschaft
(EWG) damals angeschlossen, es war einen Wirtschaftlichen Union und nicht wie
Heute, einen Politische Union. Hier ist den Haupt Skepsis und es sind nicht nur
Briten die solcher Skepsis haben. Die EU haben eine Agenda und werden es
durchführen.
Sonntag, 04. November 2018